Hallo allseits.
Während ich den Teil der Frage von Defkil, der sozusagen auf "Geist und Gehirn" überhaupt hinzielt, in einem dafür extra eröffneten Thema abzuhandeln anfange, beantworte ich hier den anderen Aspekt seiner Frage: "Hängt die Einstellung eines Menschen zur Homosexualität von seinem Gerechtigkeitssinn ab?"
Zunächst kommt von mir der fast obligate Hinweis auf die Kultur: Ob homosexuelles Verhalten in einer Gesellschaft kontrovers oder gar verpönt ist, hängt von der herrschenden Kultur ab. Die kulturellen Einstellungen dazu sind nämlich von Kultur zu Kultur höchst verschieden.
In der westlichen Kultur war homosexuelles Verhalten längere Zeit verpönt, in etlichen Staaten sogar strafbewehrt. Die spät eingesetzte Gegenbewegung zur Emanzipation von "Homosexuellen" hat sich mittlerweile im gesamten Westen weitgehend durchgesetzt. Im kleinteiligen Alltag gibt es häufig noch Probleme, zuweilen sogar sehr große. Reale grundsätzliche oder praktische Vorbehalte gegenüber der Homosexualität sind mehr oder weniger unterschwellig, manchmal auch offen, freilich noch durchaus allgegenwärtig, wenn auch tendenziell (recht) langsam abnehmend. Von der Frage der zunehmenden Anwesenheit von Muslimen in Teilen von Europa will ich hier zunächst gezielt absehen.
Die Frage von Defkil erweist sich somit auch als in ihrer Beantwortung kulturell abhängig:
Bin ich kulturell so strukturiert, daß homosexuelles Verhalten in meinem Urteil entweder "pervers" oder einfach (ohne Abwertung) krank oder zumindest "suspekt" anzusehen ist, wird mein Sinn für Gerechtigkeit zumindest prinzipiell mir eben Positionen meinen Urteilen gemäß nahe legen. Dasselbe gilt für den Fall, daß meine kulturelle Strukturierung mir ein positives Urteil zum homosexuellen Verhalten ermöglicht.
Meiner Meinung nach mit einer (wichtigen!) Einschränkung: Ein starker Sinn für Gerechtigkeit wird mich an meinen eigenen Urteilen zweifeln lassen, wenn ich zwar von der kulturellen Prägung her Vorbehalte gegenüber der Homosexualität hege, aber das konkrete Kennenlernen von Homosexuellen, sie mir als "gute Menschen" zeigt. Und eben der Gerechtigkeitssinn würde mir ja erlauben, sie deutlich vorurteilslos einzuschätzen. Darüber hinaus ermöglicht der Gerechtigkeitssinn, schlüssige fremde Argumente an sich hereinzulassen.
In diesem Sinne gehe ich ins Bett...
Herzlich
Abifiz