Ich habe keine Ahnung, ob nur ich als sehr politischer und linker Jugendlicher, dass so wahrnahme, aber es gibt diese zwei Phänomene, an denen ich seit einiger Zeit wirklich verzweifeln könnte. Es kann sein, dass ihr das ganz anders sehr oder dazu nichts zu sagen habt, trotzdem denke ich, dass das Thema hier, in einem Schüler-Forum, doch ganz gut aufgehoben ist und der ein oder andere User ja doch politisch interessiert zu sein scheint.
Zum einen ist es dieses unglaubliche Desinteresse, das die meisten in meinem/unserem Alter Politik entgegen bringen. Möglicherweise trägt da die Schule eine nicht zu unterschätzende Mitschuld bei, schließlich macht es selbst mir wenig Spaß die unterschiedlichen politischen Institutionen zu lernen. Allerdings kann ich trotzdem nicht nachvollstehen, wie man sich so absolut gar nicht für das tagespolitische Geschehen interessieren kann, schließlich betrifft das ganz konkret unser alles Leben. Mal mehr, mal weniger, aber immer noch mehr als irgendwelche Integralrechnungen oder der Aufbau der DNA. Ich will hier jetzt nicht als einer darstehen, der, weil er nicht mit Naturwissenschaft kann, diese dauernd zu denunzieren hat, dennoch ist es so, dass sich, zumindest aus meiner Stufe, mehr für Mathe oder Biologie interessieren als Politik, die uns alle irgendwann einmal betreffen wird, ob wir wollen oder nicht.
Aus unserer Jahrgangsstufe haben gerade einmal fünf von 72 Personen Gemeinschaftskunde als Leistungskurs gewählt. Ich finde das traurig und ein Armutszeugnis für die politische Bildung in unserem Land. Das schlimmste finde ich dann, wenn viele dieser Personen dann in diesem Jahr zum ersten Mal wählen gehen dürfen und manche teilweise in Erwägung zu ziehen, einfach das gleiche wie die Eltern zu wählen, weiß sie nunmal keine Ahnung von gar nichts haben. Da sträubt sich mir alles, wenn ich so etwas höre.
Der andere Punkte btetrifft die "politische Angepasstheit", die ich in unserer Generation erkennen kann. Ich würde mich selbst als politischen Linksaußen bezeichnen, was wohl mitunter auch meinem Alter geschuldet ist. Das mag man jetzt gut finden oder auch nicht, zumindest früher war das noch normal. Da galt noch die Formel: Jung = Links und "Rebellisch". Heutzutage kann ich das nicht mehr behaupten. Ich bin in meiner Stufe der einzige, der sich selbst tatsächlich als wirklich "links" bezeichnen würde. Links sowohl gesellschaftspolitisch, also antifaschistisch, feministisch, anti-homophob, internationalistisch (und antimilitaristisch) als auch wirtschafts- und sozialpolitisch links, sprich sozialistisch und anti-kapitalistisch. Der Rest, der sich noch so für Politik interessiert, ordnet sich sich so zwischen links- und rechtsliberal ein. Also genau da, wo sich die Generation 40+ auch verortet. Es scheint, als wäre Martin Schulz schon das Revolutionärste, was unsere Jugend so mitmachen kann, weiter geht dann aber auch schon nicht mehr. Ein Mann, der jahrelang eine GroKo in Brüssel geführt hat, ein Mann, der mit der FDP koalieren will, ein Mann, der Mitglied in einer Partei ist, die bis vor kurzem immer weiter nach rechts gerutscht ist (meine Meinung) und Kriegseinsätze in der Regierung mitgetragen hat und mit Hartz IV den Sozialstaat abgebaut hat. Und den findet unsere Jugend jetzt plötzlich hip? Ich muss sagen, ich finde das traurig.
Es gibt so viel, worüber ich mich aufregen könnte. Die ungleiche Verteilung von Vermögen, die immer weiter auseinander geht, die Waffenlieferungen in Krisengebiete im Nahen Osten und an Diktaturen wie Saudi-Arabien, die Unterwürfigkeit ggü. den nimmer kriegsmüden Amerikanern, der Klimawandel, gegen den viel zu wenig getan wird. All das interessiert die heutige Jugend, so wie es mir scheint, wohl einfach nicht. Ich finde das einfach schade, das es nicht eine gewisse positive utopische Vorstellung von der zukünftigen Welt in unserer Generation gibt. Stattdessen wählt man halt Merkel oder Schulz, wie die Eltern und die Großeltern auch.
Wie gesagt, vielleicht wirkt das jetzt auch nur wie das wirre Geschreibsel eines verzweifelten Linken, aber mich persönlich würde es echt interessieren, ob ihr diese Phänomene nicht auch manchmal in eurem Alltag beobachten könnt. Würde mich über einen Austausch freuen!