Nervensystem - Teil 1

  • Hallo zusammen!


    Einleitung


    Eventuell kommt ihr in Zukunft in der Schule oder in einer Grundausbildung mit dem Nervensystem in Berührung (oder ihr seid einfach sehr inquisitiv). Ich werde das Thema insgesamt in zwei Teile aufteilen, da es sich um ein doch sehr grosses und komplexes (je nach Tiefe) Thema handelt. Es wird hier bewusst teils Fachsprache benutzt, da dies in Vergangenheit doch mehr gewünscht war. Ich gebe jedoch keinerlei Garantie auf eine Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität. Die Medizin ist in ständiger Entwicklung und teils gibt es immer noch viele Dinge die man bis heute noch nicht zu 100% versteht. Meine Angaben erfolgen nach meinem Erlernten im Studium, der Klinik sowie aus meinen Zusammenfassungen von diversen med. Fachliteraturen und Präsentationen von Professoren.


    Nun steigen wir ein. Im ersten Teil des Nervensystems schauen wir uns folgende Dinge an:


    • Unterschiedlichen Nervenzelltypen des Nervengewebes
    • Aufbau des Neurons
    • Aufgaben des Nervensystems
    • Verschiedenen elektrischen Potentiale am Neuron
    • Aufbau und Funktion der Synapsen


    Aufbau und Organisation


    Die Gesamtheit des Nervengewebes wird beim Menschen als Nervensystem bezeichnet. Es dient zur Erfassung, Auswertung, Speicherung und Aussendung von Informationen.


    Wir können das Nervensystem in mehrere Teile aufteilen.

    • Zentrales Nervensystem (ZNS) / bestehend aus:
      • Gehirn
      • Rückenmark
    • Peripheres Nervensystem (PNS) / bestehend aus:
      • Hirnnerven
      • Spinalnerven

    Zusätzlich unterscheiden wir zwischen dem:

    • Somatischen Nervensystem (willkürlich gesteuert)
    • Vegetativen Nervensystem (unwillkürlich gesteuert)
    • Enterischen Nervensystem (Teil des Vegetativen Nervensystem welches die Darmtätigkeit reguliert)


    Das Nervengewebe ist das "Bauelement" unseres Nervensystem. Es besteht wie alle Organe des Körpers aus einzelnen Zellen. Wir können uns hier an zwei verschiedene Zellgruppen orientieren.

    Die Neurone (Nervenzellen) welche für Reizaufnahme, Erregungsleitung und Reizverarbeitung zuständig sind. Da die Neurone sich nicht selbst versorgen können haben wir die Gliazellen. Sie übernehmen die Stütz-, Schutz- und Ernährungsfunktion der Neuronen.


    Kurzer Exkurs zu der Regeneration -> Neurone können sich nach der Gehirnwachstumsphase nicht mehr teilen, dies heisst also auch haben wir nun Schäden im ZNS (Zentralen Nervensystem) wo uns Neurone zu Grunde gehen sind diese Schäden irreversibel. Der einzige Unterschied liegt im PNS (Peripheres Nervensystem) dort können sich die Neurone (solange Zellkörper intakt ist) regenerieren. Bei den Gliazellen ist dies etwas unterschiedlich, diese sind teilweise weiterhin zur Zellteilung fähig.


    Aufbau Neuron

    Jedes Neuron besteht aus einem Zellkörper und den dazugehörigen Fortsätzen, den Dendriten und Axone. Die Fortsätze stellen Verbindung zu Synapsen her, über welche die Neurone miteinander verbunden sind. Die Grösse und Form der Neurone schwankt in weiten Grenzen, der Grundbauplan ist jedoch immer derselbe.


    Im Zellkörper (Soma) haben wir den Zellkern, das Zytoplasma und die Zellorganellen. Der Zellkörper ist das "Stoffwechselzentrum" der Nervenzelle. Hier findet der ganze Zellstoffwechsel und die Proteinbiosynthese statt.


    Am Übergang zum Axon befindet sich der Axonhügel, hier findet die Umwandlung von Depolarisationen in Aktionspotenziale statt. Mehr dazu später.


    Nun haben wir bereits erwähnt gibt es zwei Fortsätze. Wir schauen uns zuerst die Dendriten an. Diese baumartige verzweigte Ausstülpungen sind in der Regel afferente (zuführende) Fortsätze zu einem Neuron. Eine Zelle kann bis zu 10'000 und mehr Dendriten besitzen.


    Die Axone sind längliche Ausstülpungen welche am Axonhügel entspringen. Sie ziehen als dünne kabelartige Fortsätze und teilen sich am Ende in viele Endverzweigungen ab. Sie dienen der Weiterleitung von neuronalen Signalen (Efferenzen) vom Zellkörper zu einer Zielzelle. Die Länge variiert von wenigen Millimetern bis zu über einem Meter. Im Gegensatz zu den Dendriten, von welchem eine Zelle meist mehrere hat, haben die meisten Nervenzellen nur ein Axon. Am Ende eines Axons findet man terminale Aufzweiungen -> Die synaptischen Endknöpfchen wo dann schlussendlich die Synapse zur nächsten Zelle stattfindet.


    Es gibt verschiedene Arten von Neuronen. Diese lassen sich nach Anzahl der Zellfortsätze klassifizieren. Man unterteilt zwischen Unipolaren Neuronen, Pseudounipolaren Neuronen, Bipolaren Neuronen und Multipolaren Neuronen. Hier auf dem Bild sieht man ein Multipolares Neuron (>2 Fortsätze, mehrere Dendriten, ein Axon). Dies ist auch der häufigste Neuronentyp.


    Gliazellen


    Wie bereits oben erwähnt bieten uns die Gliazellen die Stütz-, Schutz- und Ernährungsfunktion der Neuronen. Sie sind im Gegensatz zu den Neuronen nicht fähig zur Erregungsbildung oder -leitung. Sie sind also Supportzellen. Im ZNS kennen wir insgesamt 5 verschiedene Arten von Gliazellen. Wir werden uns 4 davon anschauen, die 5. lassen wir aussen vor, da diese vor allem im unreifen, sich entwickelnden Gehirn vorkommt.


    Astrozyten

    Sind sternförmige Zellen mit zahlreichen Fortsätzen. Sie erfüllen eine Stützfunktion sowie eine Narbenbildung nach Gewebeschädigung. Durch die Verbindung zwischen Neuronen und den Blutkapillaren des ZNS beeinflussen sie den Übergang von Stoffen und bilden dadurch die Blut-Hirn-Schranke -> Astrozyten umschliessen fast vollständig das Blutgefäss und arbeitet wie eine Barriere zwischen Gehirn und Blutkreislauf. Diese verhindert dadurch den Eintritt schädlicher Stoffe in die Nervenzelle (Lipophile Stoffe können passieren, hydrophile Stoffe nicht).


    Oligodendrozyten

    Bilden im ZNS die Markscheiden welche dort als elektrische Isolierung wirken. Im PNS wird dies von den Schwann-Zellen übernommen.


    Mikrogliazellen (Hortega-Zellen)

    Kleine bewegliche Zellen, welche im ZNS Krankheitserreger durch Phagozytose abwehren.


    Ependymzellen

    Kleiden die inneren Liquorräume aus und bilden dadurch die Blut-Liquor-Schranke.


    Fortleitung von Nervensignalen / Ruhe- & Aktionspotenzial


    Die Fähigkeit durch Neurone Informationen in Form von elektrischen Signalen aufzunehmen, zu verarbeiten und weiterleiten beruht auf biochemischen und elektrischen Vorgängen. Wenn das Potenzial am Zellkörper eine bestimmte Schwelle überschreitet, dann wird am Axonhügel ein Aktionspotenzial ausgelöst. Diese entstehen nach dem Alles - oder - Nichts - Prinzip. Also entweder genügt das Potenzial im Zellkörper zur Auslösung oder es ist nicht stark genug und es wird gar nichts ausgelöst.


    Ruhepotenzial

    Im Ruhezustand besteht an der Plasmamembran des Neurons eine Spannung von -70mV. Das Zellinnere ist gegenüber dem Extrazellulärraum negativ geladen. Dieses Membranpotenzial wird durch unterschiedliche Ionenkonzentrationen innerhalb und ausserhalb der Zelle und damit mittelbar durch die Natrium-Kalium-Pumpe aufrechterhalten.

    In der Zelle gibt es viele K+ und A- Ionen. Im Extrazellulärraum ist dafür die Na+ und Cl- Ionen Konzentration sehr hoch.

    Für das Ruhepotential spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Dazu gehört die selektive Permeabilität, der Konzentrationsunterschied und die Natrium-Kalium-Pumpe.

    Die Zellmembran hat eine selektive Permeabilität -> Die Zellmembran ist nicht für alle Ionen gleich durchlässig. Im Ruhezustand sind nur die Kaliumionenkanäle offen. Für Cl- und Na+ Ionen ist die Membran nur schwer durchlässig, für die A- Ionen gar nicht.

    Konzentrationsunterschied → Die Ionen wollen vom Ort höherer Konzentration zum Ort niedriger Konzentration um diese Auszugleichen. Für die positiven geladenen K+ Ionen bedeutet dies, sie gehen über den geöffneten Kanal aus der Zelle. Dies hat zur Folge, dass die Ladung im Zellinneren immer negativer wird. Gleichzeitig steigt die positive Ladung aussen an. Es kommt also zu einer Ladungstrennung. Dadurch entsteht eine elektrische Spannung an der Membran. Um der Spannung entgegen zu wirken bevorzugen negative und positive Ladungen eine gleichmässige Verteilung. Daher wirkt der Ladungsunterschied dem Austreten der K+ Ionen entgegen und hält sie so in der Zelle zurück. Die Na+ Ionen strömen durch die Zellmembran um den Unterschied auszugleichen, obwohl es keine geöffneten Natrium Kanäle gibt. Dies nennt man Leckströme. So würde es auf Dauer zu einem Ladungs- und Konzentrationsausgleich kommen und das Membranpotenzial wäre = 0. Dann könnten die Nervenzellen jedoch keine Reize mehr weiterleiten.

    Um das zu verhindern gibt es die Natrium-Kalium-Pumpe. Dies ist ein Ion, welches die Ionenkonzentration aufrecht erhält und damit für ein stabiles Ruhepotential sorgt. Dafür transportiert die Natrium-Kalium-Pumpe unter Energie (ATP/ADP/P) jeweils 3 Na+ Ionen aus der Zelle raus und 2 K+ Ionen in die Zelle hinein.


    Aktionspotenzial

    Ausgelöst wird ein Aktionspotenzial durch das Öffnen Neurotransmitter-gesteuerter Natrium-Kanäle in der Membran. Durch diese strömen Na+ Ionen entlang ihres Konzentrationsgradienten in die Zelle hinein und die positive Ladung im IZR (Intrazellulärraum) zu und die im EZR (Extrazellulärraum) ab. Die Ladungsdifferenz zwischen beiden Räumen wird kleiner und es kommt zur Potenzialverschiebung. Das Membranpotenzial steigt an, ab ca. -55mV öffnen sich zusätzlich spannungsabhängige Natrium-Kanäle. Es strömen nun explosionsartige viele Na+ Ionen in den IZR. Dadurch steigt das Membranpotenzial an und es entsteht ein Aktionspotenzial -> Depolarisation.

    Kurzzeitig überwiegt nun im IZR die positive Ladung, welche +30mV beträgt. Das so entstandene Aktionspotenzial kann nun über das Axon an andere Zellen weitergeleitet werden.

    Nach einer Depolarisation nimmt die Na+ Konzentration rasch wieder ab und die Leitfähigkeit für K+ Ionen steigt für kurze Zeit stark an. Somit überwiegt schlussendlich im IZR wieder die negative Ladung - das Ruhepotenzial ist wiederhergestellt (Repolarisation).


  • Schakon

    Hat das Thema freigeschaltet
  • Nun wissen wir, wie so ein Neuron aussieht und wie so ein elektrisches Potenzial entsteht. Nun muss dieses Potenzial jedoch noch in unserem Körper entlang eines Axons "transportiert" werden, damit es schlussendlich etwas bezweckt.


    Es gibt zwei verschiedene Arten wie sich Nervensignale fortleiten, wir gehen jedoch nicht zu genau darauf ein.


    Kontinuierliche Erregungsausbreitung

    Ist die eher "langsame" Form von der Weiterleitung mit ca. 0,5-3m/s


    Saltatorische Erregungsausbreitung

    Kann mit 120m/s ein Potenzial weiterleiten.


    Synapsen


    Nun ist ein Aktionspotenzial entstanden, es wird über das Axon transportiert, welches jedoch irgendwann endet. Dann gelangt es an Synapsen.

    Eine Synapse besteht aus drei Teilen:


    1. Präsynaptisches Neuron

    Wie oben schon erwähnt sind dies die präsynaptischen Endknöpfchen. In diesem befinden sich mit Neurotransmitter gefüllte Vesikel.


    2. Synaptischer Spalt

    Ist wie es der Name schon erwähnt ein Spalt zwischen dem vorhergegangenen Neuron und dem nächsten Neuron. Ist mit Extrazellullärflüssigkeit gefüllt und ist lediglich ca. 0,02μm breit.


    3. Postsynaptisches Neuron

    Das nachgeschaltete Neuron, welches an seiner Membran die Rezeptoren für die Neurotransmitter enthält.



    Für die Erregungsübertragungen zwischen Neuronen sind klassischerweise biochemische Vorgänge verantwortlich.


    Sobald nun eine Erregung in die präsynaptischen Endknöpfen gelangt öffnen sich Spannungsabhängige Ca2+ Kanäle, welche einströmen und die Vesikel verschmelzen mit der präsynaptischen Membran und die Transmitter werden durch Exozytose (Ausschleusen von Molekülen aus einer Zelle) freigesetzt. Diese Transmitter gelangen in den synaptischen Spalt und erreichen durch Diffusion die postsynaptische Membran. Hier binden sie nun an die entsprechenden Rezeptoren, welche mit Ionenkanälen gekoppelt sind. Nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip öffnen sich die Kanäle, sobald der zugehörige Rezeptor durch den Neurotransmitter besetzt ist. Somit kann Na+ einströmen, wodurch ein postsynaptisches Potenzial entsteht. Bei Überschreiten des Schwellenwerts entsteht also nun an dem postsynaptischen Neuron ein Aktionspotenzial und wird dort weitergeleitet.


    Nach kurzer Zeit lösen sich die Neurotransmitter von den Rezeptoren und werden durch enzymatischen Abbau (Acetylcholinesterase) inaktiviert und in die präsynaptischen Endknöpfchen rücktransportiert.

  • DavidH

    Hat das Thema freigeschaltet
  • Neu erstellte Beiträge unterliegen der Moderation und werden erst sichtbar, wenn sie durch einen Moderator geprüft und freigeschaltet wurden.

    Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstelle ggf. ein neues Thema.

    • :)
    • :(
    • ;)
    • :P
    • ^^
    • :D
    • ;(
    • X(
    • :*
    • :|
    • 8o
    • =O
    • <X
    • ||
    • :/
    • :S
    • X/
    • 8)
    • ?(
    • :huh:
    • :rolleyes:
    • :love:
    • :pinch:
    • 8|
    • :cursing:
    • :wacko:
    • :thumbdown:
    • :thumbup:
    • :sleeping:
    • :whistling:
    • :evil:
    • :saint:
    • <3
    • :!:
    • :?:
    Maximale Anzahl an Dateianhängen: 10
    Maximale Dateigröße: 50 MB
    Erlaubte Dateiendungen: bmp, doc, docx, gif, html, jpeg, jpg, mp3, mp4, odp, ods, odt, pdf, png, pptx, txt, xlsm, xlsx, zip