Ich habe - im Gegensatz zu dir - den Beitrag mehrfach gelesen. Dennoch danke für deine Sorge um meine Auffassungsgabe.
Leider kratzt deine Argumentation nur an der Oberfläche und bezieht sich nie auf das konkrete Beispiel, über das ich hier im Thema diskutiere, schade.
Niemand spricht hier von der siebten oder fünften Klasse; wir reden von Matze und Matze ist in der 11 Klasse an einem Gymnasium. Dementsprechend ist deine Argumentation bezüglich der Unterstufe größtenteils irrelevant und lenkt nur vom Grundproblem ab. Ich finde es immer schade, wenn Schulabgänger so schnell in ein konservatives Denkmuster verfallen. Das scheint aber wohl daran zu liegen, dass man die Schule abgeschlossen hat und negative Dinge größtenteils verdrängt - äber verübeln kann man das keinen, es liegt in der menschlichen Psyche.
Meine bisherigen Beiträge bezogen sich alle auf die Problematik der Gymnasien und insbesondere die der Oberstufe (je nach Schulsystem würde ich hier die Jahrgänge 11-13 oder 10-12 dazuzählen). Ich habe niemals eine Spezialisierung der Schulen in der Unterstufe gefordert, das hast du aufgebracht.Dass es jetzt keine Spezialisierung innerhalb der Schulen gibt, stimmt nicht und beweist nur deine Distanz zur Funktionsweise des Bildungsapparats. In mehreren Bundesländern gibt es bereits „Profilsysteme“, die jedoch von Bundesland zu Bundesland und Schule zu Schule unterschiedlich sind. Der Gesetzgeber scheint erkannt zu haben, dass Menschen über 16 Jahren vielleicht noch nicht wissen, was genau sie machen wollen, jedoch wissen Sie ob sie etwas mathematisches, gesellschaftswissenschaftliches oder naturwussenschaftliches machen möchten. Es geht nicht darum, die Grundbildung einzuschränken, sondern darum, dass man Schülern ermöglicht, ihre eigenen Stärkenfelder auszuarbeiten, anstatt sie an ihren Schwächen herunterzuziehen.
Kleines konkretisiertes Beispiel gefällig? Ich muss mir jede Woche (heute sogar!) 2 Stunden Gefasel über Kadenzen und Harmoniemuster anhören, obwohl ich unmusikalisch bin wie ein Stein und seit gut 3 Jahren weiß, was ich studieren will. Und ich bin mir äußerst sicher, dass ich das erworbene „Wissen“ 2 Wochen nach erfolgreicher Abwahl des Musikkurses (gepriesen sei er) bereits vergessen haben werde.
Das jetzige Bildungssystem ist nicht sonderlich erfolgreich, ich habe bereits von vielen Lehrern gehört, dass - zumindest in Schleswig-Holstein - die schriftlichen Leistungen immer schlechter werden. In meinem Kurs (12 Klasse, Gymnasium) existieren enorme Schwächen im schriftlichen Bereich. Ganz besonders Englisch scheint vielen Probleme zu bereiten. Dass es bei einem Fach mit einer so gewaltigen Reichweite* solche enorme Defizite existieren und aus Lehrer- und Zeitmangel kaum etwas dagegen unternommen werden kann, aber gleichzeitig Fächer wie Sport, Musik/Kunst oder Mathematik bis zum Erbrechen unterrichtet werden, deutet schon auf die desaströs veraltete Funktionsweise des Bildungssystems hin.
Dass man in diesem System am Sinn zweifelt, ist nicht zwangsweise ein Zeichen von Naivität oder jugendlichem Rebellentums, sondern oftmals auch einfach ein Zeichen von geistiger Reife und der Fähigkeit sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, die im Philosophieunterricht ach so gern mit dem Hinweis auf einen der größten Denker Deutschlands, Immanuel Kant, beworben wird. Solche Gedanken zeigen, dass man über den Tellerrand gucken kann und die aufgewendete Energie zum Lernen gegen den potenziellen Nutzen aufwiegen kann; das könnte man auch Kosten-Nutzen-Analyse nennen.
Wie ich anfangs bereits erwähnte, vergisst man schnell, wie irrsinnig Schule eigentlich war. Nur weil du durch Biologie durch musstest, musst du das nicht weiteren Generationen zumuten. Nur weil du vielleicht nicht wusstest, was du mit deiner Zukunft anfangen solltest, gilt das nicht für andere. Die Zukunft gestaltet man nicht auschließlich aus der Gegenwart, sondern auch mit Wissen und positiven sowie negativen Erfahrungen der Vergangenheit. Man sollte nicht Lernen um des Lernens willen, sondern um vom Erlernten einen relevanten Vorteil** zu haben. Menschen sind keine graue Masse, die aus schreibfähigen Datenspeichern bestehen, in die man 1:1 eine Enzyklopädie ablegen kann.
* Es gibt kaum Berufe, die ohne gute Englischkentnisse effektiv funktionieren. Ganz besonders in der Dienstleistungsgesellschaft des 21 Jahrhunderts ist die Relevanz nicht mehr wegzudenken.
** Auf Cocktailparties oder beim Scrabbeln Leute zu beeindrucken, zählt nicht als relevanter Vorteil.