Ein sehr interessantes Thema, mit welchem ich mich seit Jahren auseinandersetze, da es auf makabere Weise doch faszinierend ist. Diese Faszination ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass ich eine ganze Weile in den USA gelebt habe und dort ist die Todesstrafe ein allgegenwärtiges Thema. Um Meine Meinung möglichst verständnisvoll darzulegen erörtere ich allgemeine Fakten zur Vorgehensweise, Handhabung und der Umgang mit den Delinquenten anhand von ein paar Beispielen.
Was ist die Todesstrafe und wieso wird sie verhängt?
Die Todesstrafe ist seit Jahrtausenden ein uns ständig begleitendes Strafmaß, welches sowohl Anklang, als auch Verachtung findet. Je nach Kontinent, Land, aber auch Region gibt es extreme Unterschiede in der Auffassung der Todesstrafe, sowie die Gründe, weswegen sie verhängt wird. Beginnen wir mit ein paar Beispielen zu dieser Thematik:
USA: die USA gehört zu den wenigen Industrienationen, welche die Todesstrafe verhängt und praktiziert. Interessant hierbei sind die Unterschiede von Meinungen der Bürger, Handhabung der Todesstrafe, sowie die Durchführung und deren Anzahl in den vereinzelten Bundesstaaten. Als Extrembeispiel nehme ich Texas: Texas ist der Staat mit den meisten Hinrichtungen seit dem Ende des 9-jährigen Moratoriums 1979. Innerhalb dieser Zeit fanden in Texas mehr als 500 Exekutionen statt, was ungefähr die Hälfte aller Hinrichtungen innerhalb dieser Zeit in den kompletten Vereinigten Staaten ausmacht. In Texas gilt der Grundsatz "Auge um Auge, Zahn um Zahn", so rechtfertigen die texanischen Behörden jegliche Todesstrafen gegenüber dem großteils streng gläubigen, katholischen texanischen Volk. Das ist natürlich mehr als umstritten, da sich a.) die texanischen Behörden mit diesem Satz auf die Bibel berufen, welche in mehreren Passagen die Todesstrafe als verabscheuend darstellt und b.) auffällig viele afroamerikanische, sowie mexikanische Menschen hingerichtet werden. Allgemein kann man sagen das Justizsystem in den USA ist nicht sonderlich fair, was das ganze Verfahren angeht. Und es ist auch nicht fehlerhaft; so gibt es mittlerweile über 100 zu unrecht zu Tode verurteilte, die im Nachhinein (zum Teil nach der Exekution) hingerichtet wurden. Es gibt zwar Staaten, in denen es mehr oder weniger fair verläuft, allerdings ist die Justiz im Großteil der einzelnen Staaten unfair aufgeteilt, weshalb die Todesstrafe dort mMn. nicht verhängt werden sollte. Übrigens wird in den USA die Todesstrafe als "Heilungsmaßnahme" oder "Wiedergutmachung" gegenüber den Hinterbliebenen des Opfers betrachtet und auch so betitelt.
In den USA erhält man die Todesstrafe u.A. für mehrfachen Mord, Mord an Polizisten oder Raubmord.
Japan: auch in Japan wird hingerichtet und das ebenfalls seit Jahrhunderten. Ähnlich wie in den USA gilt die Todesstrafe dort als "Wiedergutmachung", aber auch zur Wiederherstellung der Ehre des Täters und seiner Familie. Gesellschaftlich ist die Todesstrafe auf der asiatischen Insel hoch angesehen und im Gegensatz zu den USA werden die Täter nicht vom Großteil des Volkes als Abschaum und/oder Monster betrachtet (wobei es natürlich auch Ausnahmen gibt). Die Todesstrafe in Japan ist allerdings extrem umstritten: wird jemand zum Tode verurteilt und befindet sich im Todestrakt, beginnt ein wahrer Psychoterror. Dem Delinquenten und seiner Familie wird der Zeitpunkt der Hinrichtung nicht mitgeteilt. Der zum Tode verurteilte selbst bekommt den Zeitpunkt seiner Hinrichtung erst unmittelbar davor mit, so muss er jeden Tag mit der Angst leben, dass es heute soweit sein könnte. Wie in den USA gibt es auch dort sehr viele Fehlurteile, weshalb von den vereinten Nationen und Amnesty International schon seit Jahren ein Moratorium und/oder das Überdenken der Handhabung gefordert wird.
Die Todesstrafe erhält man in Japan für Mord oder in Auftrag gegebenen Mord.
Iran: im Iran werden Todesurteile nach den Gesetzen, nicht aber nach der Durchführung der Scharia vergeben. Ähnlich wie in Japan gilt die Todesstrafe als Wiederherstellung der Ehre. Allerdings ist der entscheidende Unterschied, dass man im Iran a.) für viel mehr Taten verurteilt werden kann, b.) Geständnisse oft wie im Mittelalter durch Folter erfolgen und c.) die "Gegenfamilie" Blutgeld verlangen kann, um eine Exekution zu verhindern (was in den seltensten Fällen passiert). Der Iran richtet neben Saudi Arabien und China die meisten Menschen jährlich hin und dies zum Teil öffentlich. Fehlurteile sind natürlich öfter der fall, werden aber nicht nachverfolgt, da man sich auf die Geständnisse unter Folter verlässt.
Im Iran erhält man die Todesstrafe u.A. für Drogendelikte, Blasphemie (wobei das soweit ich weiß mittlerweile nicht mehr der Fall ist; zumindest nicht im Iran), Mord, bedingt bei Ehebruch und Terroristische Gedanken.
Malaysia: in Malaysia gilt die Todesstrafe als Bereinigung und Schutz vor dem Bösen. So sind asiatische Länder oft Dreh- und Angelpunkte von Drogenschmuggel, was wiederum zu einigen Todesurteilen für Drogendelikte führt, was dann wieder einen Großteil der Hinrichtungszahlen ausmacht. Problem dabei ist, dass vielen Touristen Drogen in die Koffer geschmuggelt werden, weshalb gerade in Malaysia viele ausländische Menschen hingerichtet werden. Man sagt dazu, dass man das Volk schützen möchte.
Die Todesstrafe erhält man u.A. für Drogendelikte und Mord.
Was für Arten der Todesstrafe gibt es?
Auch wenn die Verurteilungen und Handhabungen von Land zu Land verschieden sind, bei einem ist man sich einige: die Durchführung soll möglichst human sein (nach der Scharia richtende Halb-Mittelalter-Länder ausgeschlossen). Ich liste hier mal die gängigsten Methoden auf und kommentiere diese:
Erschießen
Durchführung: der Delinquent bekommt eine Augenbinde umgebunden, an seinem Herzen wird ein rotes Tuch befestigt. Anschließend macht sich ein Erschießungskommando bestehend aus 3-12 Schützen bereit das Herz des Verurteilten zu treffen. Nicht jeder hat scharfe Munition, da man am Ende nicht wissen soll, wer den tödlichen Schuss abgegeben hat.
Theorie: Das Treffen des Herzens soll einen schnellen Sekundentod herbeiführen.
Wirklichkeit: Oft sind die Treffer nicht sonderlich genau und der Verurteilte erleidet qualvolle Schmerzen bis zum Tod durch Verbluten.
Hängen
Durchführung: die verbreitetste Methode ist der sog. "Long Drop", bei welcher eine alte englische Tabelle zum Einsatz kommt, mit welcher die Länge des Seils (also des Falls) mithilfe der Körpergröße- und Masse berechnet wird. Der Delinquent bekommt eine Augenbinde um, bekommt die Schlinge um den Hals und fällt.
Theorie: der Tod soll extrem schnell durch einen einfachen Genickbruch eintreten.
Wirklichkeit: da die Berechnung der richtigen Länge äußerst komplex und nicht ganz zuverlässig ist, passieren oft Fehler. So wird der Verurteilte oft qualvoll zu Tode stranguliert oder barbarisch geköpft.
Der elektrische Stuhl
Durchführung: der Todeskandidat bekommt eine Maske auf (damit die Augen nicht herausfallen) und setzt sich auf einen hölzernen Stuhl. Vorher wurden sowohl Schädel als auch Beine rasiert und mit einem nassen Naturschwamm versehen, damit eine optimale Leitung gewährleistet ist. Nun werden Elektroden an Kopf und Bein angebracht. Der Delinquent stirbt durch den Einfluss von Starkstromstößen.
Theorie: schneller Tod durch Stromschlag
Wirklichkeit: es gab oft qualvolle Todeskämpfe, bei denen der Kandidat quasi von innen gegrillt wurde. Meistens überlebten die Kandidaten mehr als eine "Runde". Wen es interessiert kann sich mal mit den Fällen von Allen Lee Davis und Willie Francis beschäftigen.
Die Gaskammer
Durchführung: der Kandidat wird in eine stählerne Kammer geführt und an einen Stuhl gefesselt. Nach Abschluss der Kammer wird Blausäure in die Kammer gegeben, woran der Verurteilte letztendlich stirbt.
Theorie: tatsächlich führt Blausäure bei einem kooperativen Kandidaten zu einem sehr schnellen Tod.
Wirklichkeit: leider widerstrebt sich das Einatmen des Gases mit dem menschlichen Überlebenswillen, sodass dies ein alles anderer als humaner Todeskampf wird.
Die Giftinjektion
Durchführung: der Kandidat wird auf eine Bahre geschnallt und es werden 2 Vehnenzugänge gelegt. Anschließend werden 1-3 Chemikalien (je nach Land) verabreicht, welche zur Narkose, zum Versagen der Lungen. und zum Versagen der Herzfunktion und somit zum Tod führen.
Theorie: der Todeskandidat soll friedlich und ohne Schmerzen einschlafen.
Wirklichkeit: neben einigen Unfällen durch falsch angelegte Vehnenzugänge (bspw. Oklahoma 2014) ist bis heute nicht geklärt, ob der Todeskandidat bei der zweiten Chemikalie Schmerzen spürt. Da er zum zeitpunkt der Verabreichung gelähmt ist macht sich dies nicht bemerkbar.
Das waren mal so die gängigsten Methoden. Es gibt natürlich noch viele, viele andere Methoden, aber das tue ich euch mal jetzt nicht an.:P
Meine Meinung
Für meine Meinung fasse ich mal zusammen: es gibt de facto noch keine 100%-bewiesene, humane Art einen Menschen aus dem Leben zu befördern, was eigentlich für keine Regierung, die im Namen des Volkes tötet, vertretbar ist. Wie die Kandidaten in vielen Ländern behandelt und angesehen werden verletzt nicht nur das Menschenrecht, sondern beleidigt im Grunde auch das in dem Land lebende Volk, da es in ihrem Namen geschieht. Allein das wäre für mich ein Grund gegen die Todesstrafe zu sein. Ein weiterer Grund ist, dass ich es persönlich total sinnlos finde für einen Mord zu morden; besonders in meinem Namen. D.h. selbst wenn es eine Garantie gäbe, dass jemand zu 100% schuldig ist, selbst wenn es eine 100% humane Art des Tötens gäbe und selbst wenn derjenige zig Kinder vergewaltigt und getötet hat wäre ich gegen dei Todesstrafe. Rein aus der Sinnlosigkeit des Tötens für das Töten.
Ich könnte da jetzt ein halbes Buch drüber schreiben, aber das erspare ich euch mal. Für Diskussionen zu dem Thema bin ich dennoch stets offen.
PS: würde mich freuen, wenn sich jemand erbarmt und das ganze Ding liest.