du scheinst in deinen Ansichten sehr festgelegt. Wenn nun ein Christ ein Kopftuch trägt, weil er der Überzeugung ist, dass das seinen Glauben stärkt, oder weil er einfach nur leicht am Kopf friert, ist das dann auch provokativ? Wie stellst du fest ob der Mensch unter dem Kopftuch deinem Klischee entspricht, also "vorreformatorisch" ist?
Inwiefern spielt es eine Rolle, was ich über das Kopftuch von irgendjemandem sonst denke? Ich spreche über die Eigenschaften von Religionen, nicht über die Meinungen von Gläubigen (über deren gefühlte Kopftemperatur erst recht nicht ).
Die großen Religonen haben alle ihre eigenen Mechanismen zur Selbsterhaltung. Deswegen sind sie ja unter anderem so groß geworden. Diese Mechanismen wirken immer in zwei Richtungen: Erstens nach außen durch Hinzugewinnung neuer Gläubiger. Das nennt man dann Mission. Und zweitens nach innen, in der Kontrolle der eigenen Gemeinschaft, nicht vom offiziellen Glaubensweg abzufallen und damit "Irrlehren" nachzulaufen. Diese Kontrolle kann man mit zwei Verfahren erreichen. Einmal indem man einen Offiziellen damit beauftragt "über seine Schäfchen zu wachen". Das sind dann die Priester, Imame oder Rabbis, bis hin zur Religionspolizei im Iran oder Saudi-Arabien. Und dann damit, dass man Rituale einführt, die es einfach machen, dass sich die Gläubigen selbst kontrollieren. Der Kirchgang oder Moscheebesuch mit festem Platz möglichst vorne, wo einen jeder sehen kann und man als Gemeindevorbild posiert. Wer sich stattdessen hinten reindrückt, will wohl in Vergessenheit geraten, ist unzuverlässig und so weiter.
Diese gegenseitig übergriffigen Kontrollmechanismen funktionieren aber nur dann reibungslos, wenn eine homogene Glaubensgemeinschaft vorhanden ist die die gleichen Werte und Rituale teilt. Wenn das nicht der Fall ist, bleibt nur die verstärkte Abgrenzung der Gemeinschaft nach außen (aka. "Parallelgesellschaften", "Scharia-Polizei" usw.) oder aber letzten Endes die Aufgabe der Kontrolle nach innen. Letzteres erfahren gerade die Kirchen in Deutschland sehr deutlich mit dem anhaltenden Rückgang ihrer Anhängerzahlen.
Im Gegensatz zum Islam hat aber die katholische Kirche (und ihre größeren Ableger) die Erfahrung schon hinter sich, dass man Glauben auf Dauer nicht mit Gewalt erzwingen kann. Die katholische Religionspolizei, damals schlicht Inquisition genannt, bringt heute keine Leute mehr um. Den Kampf hat sie gegen Luther, Calvin usw. nach längeren Versuchen dann doch verloren gegeben. Diese Eigenart findest du in den zwei großen islamischen Glaubensrichtungen dagegen noch häufig und das nenne ich vorreformatorisch. Jehova! Jehova!